Steinzeit und Heidenzyklus


Es ist fast unmöglich, sich bezüglich der Besiedlung Erins und Britanniens nicht auf Spekulationen einzulassen. Die Mythen sind vielfältig und ziemlich dicht, so daß eine Konsenzfindung zwischen Mythos und Historienschreibung nicht immer einfach und glücklich ist. Zudem zwängt sich immer das Thema der "Sintflut" zwischen Mythos und Geschichte und das Ende der Eiszeit macht die einigermaßen sachliche Suche auch nicht einfacher.

Sintflut

Die Sintflut ist erwiesenermaßen in allen Mythologien aller Völker ein Thema. Kein Volk hat in seiner Vergangenheit keine Flutlegende. Sie berichten von Untergängen von Kulturen und Völkern, von der Umgestaltung der Kontinente und von einem totalen Neuanfang der Menschheit.Man kann ziemlich sicher annehmen, daß die Urbevölkerung Europas schon in den frühen Stadien ihrer Lebensweise in Sippengemeinschaften oder losen Verbänden lebte und sich in ihrer Siedlungskultur zwangsläufig den natürlichen und landschaftlichen Gegebenheiten anpaßten. Wir wissen, daß die (heutigen) britischen Inseln noch nach der Eiszeit (oder der durch Auftauung bewirkten Sintflut ??) durch Land- oder Geröllbrücken mit dem Kontinent verbunden waren, so daß die Bevölkerung der Inseln möglicherweise vom Kontinent ausging. Diese Landverbindung zwischen den Inseln und dem Kontinent schien noch bis Mitte des 8. Jahrtausends. v.u.Z intakt gewesen zu sein, soll aber anschließend binnen nur wenigen Jahrhunderten eingebrochen sein. Die Lebensweise der Ur-Europäer war anfangs sicherlich noch die von Jägernomaden, die auf ihrer Suche nach Jagdgründen sippenweise der langsam wieder erwachenden und gedeihenden, nacheiszeitlichen Flora durch morrige Niederungen und sumpfige Wälder folgten und so wohl vom Festland hinüber nach den Inseln gelangten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß am Ende der Eiszeit nicht auch schon Menschen auf den Inseln gelebt und möglicherweise die Eiszeit oder die ihr folgende Sintflut überlebt haben Die damalige Gesellschaft wuchs zwar, allerdings ohne sich in ihrer Kultur und ihrem Gesamtwesen sonderlich schnell zu entfalten. Erste Regionen wurden zaghaft kolonisiert und Strukturen wurden aufgebaut. Es kam aber nicht zu markanten oder einschneidenden Kulturbrüchen. Die ersten der insgesamt 11-12 Jahrtausende v.u.Z. in Irland und Britannien sind von einer „ruhigen„, ja langsamen und offenbar friedlichen Kontinuität gekennzeichnet.Die ältest bekannte Niederlassung der frühen Iren wurde in Co Offlaly in Zentralirland gefunden und auf 8820 v.u.Z. datiert. Steinwerkzeuge und Äxte deuten auf eine stete Entwicklung hin. Ähnliche Funde wurden fast zeitgleich im Co Derry an der Nordküste gemacht und es wurde festgestellt, daß dort schon Schweine entweder gezüchtet oder gejagt wurden. Als bemerkenswert erwies sich der Fund im Co Antrim an der Nordostküste (datiert auf -7735), wo eine größere Siedlung gewesen sein mußte, die sich – entsprechend den Datierungserkenntnissen – offenbar 3000 Jahre gehalten habe. Solche Funde lassen einerseits auf eine üppige Fauna und Flora schließen, ergo ein gutes gesichtertes Auskommen und andrerseits auf eine friedliche Koexistenz.Die friedliche Kontinuität der Entwicklung ist sicher auch auf die doch noch recht dünne Besiedlung zurückzuführen. Es ist anzunehmen, daß - aufgrund der dünnen Besiedlung und ergo der großen Distanzen zwischen den Clans und Sippen, verschiedene Stämme gar nichts von der Existenz anderer wußten. Dies schließt allerdings kriegerische und friedliche Invasionen nicht aus, auch wenn diese in der vorkeltischen Sagenvergangenheit der beiden Inseln nicht immer glaubhaft und nachhaltig schienen, wie z.B. die von den Nachkommen Noahs. In jenen Zeiten und noch sehr viel später vermochte eine seuchenartige Krankheit ganze Völkerstämme binnen Tagen oder Wochen auszulöschen. Naturkatastrophen konnten ganze Regionen entvölkern und auf längere Zeit unbesiedelbar machen. Derartige markante Einbrüche, vielleicht eher überregional als lokal, können durchaus einen starken kollektiven Schock bewirken. Man muß annehmen, daß die damaligen Menschen schnell in Erklärungsnot waren, „wenn ihnen der Himmel auf den Kopf fiel“ oder Regenfluten und überschwappende Flußläufe ganze Landstriche in Brachland verwandelten. Ein solcher Schock konnte in der Konsequenz die Überlebenden durch eine (freudsche) Hysterie vor seiner grauenhaften Erinnerung schützen. Eine solche Hysterie oder Projektion kann durchaus bei den Betroffenen in einem Gedächtnisverlust resultieren - so etwas wie eine Amnesie des kollektiven Bewußtseins. Im Nachhinein tauchen lediglich verschwommene und bruchstückhafte Resterinnerungen an vergangene „goldene und magische Zeiten„ auf. Aus Resterinnerungen und vagen Assoziationen entwickeln sich schnell mythische Konstrukte, die nach Generationen der Weitereichung schon fest in der „magisch-religiösen Kultur“ solcher ohnehin meist naturmystisch orientierten Gesellschaften verankert sind.

Oger und Trolle

Man kann z.B. spekulieren, daß die ungestaltigen Fomori der Iren und die Riesen Britanniens, die in der Mythologie das Chaos repräsentieren, möglicherweise in mystisch verbrämter Form die sehr frühe irische und britannische Ureinwohnerschaft darstellen und ebenso gesehen werden müssen, wie beispielsweise die märchenhaften Trolle, Oger und Elben.Was oder wer waren diese Wesen, die nicht nur in Britannien, sondern weltweit die Märchen und Legenden mit ihrem martialischen und brachialen Auftreten bereicherten, Mythen darstellen, die sich über Jahrtausende hinweg nie daran störten, was immer die Historienschreibung auch behaupten mochte ?Den "magische" Menschen - wie der Hominide auch noch genannt wird - in seiner Entwicklung gibt es belegtermaßen schon seit 2-3 Millionen Jahren und es ist nicht abwegig, daß sie noch in Koexistenz mit längst ausgestorbenen Tierarten wie z.B. dem Mastodon oder dem Mammut und einigen Überlebenden der Echsen- oder Saurierspezies gelebt haben. Datierte Funde lassen daran fast keinen Zweifel mehr.Während des Paläolithikums (alte Steinzeit) lebte zusammen mit dem Hominiden eine Art, die unter der Bezeichnung „Affenmensch“ kategorisiert wird. Zwei Typen – der Gigantopithekus und der Meganthropus – werden auf eine Körpergröße geschätzt, die das Doppelte eines ausgewachsenen Gorillas ausmachen soll. Wann sie ausstarben oder ob sie gar – wenn auch in sehr geringer Zahl – die Eiszeit überlebten, ist nicht bekannt.Eine vage Resterinnerung des Hominiden an alte (möglicherweise vernichtete) Kulturen in Verbindung mit der Furcht vor dem Unbekannten und der langsam keimenden Vorstellungskraft erschaffen spielend mystische, monstruöse Wesen, Riesen oder Giganten.

Menschenähnlichere Spezies waren die Neanderthaler, die, wie auch die Hominiden u.a. in natürlichen Höhlen lebten, ehe sie viel später die Konstruktion von Behausungen erkannten. Das Aussehen der Neanderthaler entspricht in etwa dem, was in den Legenden und Märchen als „Oger„ oder als „Troll„ bezeichnet werden könnte.Beide Spezies kannten offenbar in späteren Stadien das Feuer und lebten auch beide hauptsächlich von der Jagd. Das Feuer rettete möglicherweise regionale Stämme u.a. der Neanderthaler vor den Auswüchsen der Eiszeit, so daß sie ins Mesolythikum überleben konnten.
Die dritte Spezie – der Cromagnon – gilt als der Urahne des Menschen, von denen die frühen „Europäer„ unter dem Namen „Magdalener„ geführt werden. Archäologische Funde zeigten die Magdalener als Fischer, Feuersteinhandwerker und Bildhauer, als eine Gesellschaft, die die Priester- und Herrscherkaste schon kannte – in der Zeit, die als Paläolithikum bezeichnet wird und das Ende der Eiszeit umreißt.Die Magdalener verschwanden(?) vor zirka 10.000 Jahren, kurz nach der Eisschmelze. Nach dem Eiszeitalter ging die frühe menschliche Spezie aber nicht übergangslos ins Neolithikum über.
Während annähernd 6-7000 Jahren war gar nichts über etwaige Kulturen bekannt, bis rezente Funde die Historienschreibung wieder mit Spekulationen und Streitgesprächen belebten.Diese unbekannte Zeitspanne stellt das sogenannte Mesolithikum dar, auch noch als der „mythologische Zyklus„ oder der „Paganzyklus„ (Heidenzyklus) genannt.Die eingangs erwähnten Funde in Irland fallen in diesen Zyklus, in jene Zeit, in der die Mythen geboren wurden. Allein, in dem auslaufenden Mesolythikum entstanden nicht nur phantastische Mythen, sondern auch sehr reale Steinkonstruktionen, von denen einige die Forscher noch heute vor Rätsel stellen. Sie beweisen gleichzeitig, daß man die damaligen Menschen nicht einfach als „Steinzeitwesen“ katalogisieren darf - menschen- oder affenähnliche Lebewesen, die grunzend durch die Geschichte stampften.
Ist es denkbar, daß diese Menschen in den Augen der wahrscheinlich kulturell, politisch und technisch schon höher evoluierteren Invasoren „tumb„, primitiv und „chaotisch„ wirkten ? Andersartig ? Daß ihre Lebensweise in den Augen der aus „organisierteren Kulturen“ kommenden Invasoren darum chaotisch anmutete, weil die gewohnte rigide Rang- und Klasseneinteilung fehlte ? Weil ihr System – falls sie denn eins hatten oder überhaupt brauchten – nicht profit- und machtorientiert gelebt wurde ? Weil es vielleicht gar nicht verstanden wurde ? Weil die Kunst und sonstige Musen wahrscheinlich nicht entsprechend den Maßstäben der Invasoren entwickelt waren oder gar nicht als solche erkannt wurden ? Weil im Alltag dieser „rückständigen Völker“ das Sakrale und Alltägliche keine Trennung kannte ? Daß sie aufgrund dieser Kriterien von den Chronisten schlicht falsch eingeschätzt oder gar, aus welchen Gründen auch immer, wissentlich falsch dargestellt wurden ?
Lange bevor die Phoenikier „die Inseln am Ende der Welt“ entdeckt hatten, entstanden während des auslaufenden Paganzyklus Newgrange (zwischen 4-5000 Jahre v.u.Z. erbaut ) und Stonehenge (zwischen 3-1500 v.u.Z. erbaut ), wobei Newgrange offenbar noch vor den Pyramiden erbaut worden sei soll – soviel zu dem Wilden und Vandalen.Aus dem Inhalt von Cäsars „die gallischen Kriege„ , aus Herodots, Pytheas und Strabos Berichten erahnen wir, daß der Invasor oder der Reisende zwangsläufig das Neue mit seinen vorbelasteten und entsprechend seiner Kultur konditionierten Augen sieht.
Welche falschinterpretierten, pejorativ und phantasiereich ausgeschmücken Berichte haben die Invasoren weitergegeben ? Haben sie neue Mythen erfunden ? Von Cäsar wird behauptet, daß auch nicht alles, was er u.a. über die Gallier und Kelten niederschrieb, auf seinem eigenen Mist gewachsen sei. Da sich aber seine Eindrücke mit denen von anderen decken, darf man sich fragen, wer bei wem abgeschrieben hat. Das, was sie uns hinterließen, haben sie zum Teil aus zweiter und oft zweifelhafter Hand erfahren und das auch erst, als der Mythos schon längst seine frühen Blüten getrieben hatte. Herodot gibt selbst zu, daß er auf seinen Reisen viel "fabelhaftes und erfundenes" erzählt bekam, dennoch ließ er sich von den Ägyptern so manchen mythologischen Bären aufbinden.Inwiefern haben die Eindrücke, die die Invasoren selbst bei den eroberten Einheimischen hinterließen anschließend deren Mythen beeinflußt, ihre Götterwelten, ihre Kultur, ihre Lebensweise? Die Griechen und Römer und das päpstliche Rom haben z.B. das Druidentum der Kelten mit Kriterien gemäß ihrem Wissen und ihrer Weltsicht interpretiert und an ihren eigenen Religionen gemessen. Die Druiden waren in Caesars Augen „Priester„(sacerdotes), obwohl sich zeigte, daß diese Bezeichnung angesichts der Funktion oder der Mission der Druiden bei weitem nicht stimmte.Ähnlich den Märchen und Sagen, werden Mythen von innen geboren und entstammen dem Bereich der gestaltenden Phantasie, sie werden geschaut, im Erzählen geformt und beim Weiterzählen umgeformt und ausgeschmückt. In einer ähnlichen Form wird sich die Wesenheit der Riesen, Oger und die der Feen und Elben überliefert haben.
Die mündliche Überlieferung schafft Mythen, ja ganze Welten und dazugehörige Wesen, Orte, Umstände und Geschehnisse, die viel später, von den nachfolgenden Menschen kaum noch hinterschaut, geschweige denn richtig gedeutet und verstanden werden.Glaube tritt an die Stelle von Wissen und der Mythos findet neue Bestätigungen. Auch unsere steinzeitlichen Vorfahren hatten die Gabe der Phantasie und Lust am Ausschmücken,...sonst wären wir heute kaum dort, wo wir kulturell angelangt sind - sonst hätten wir keine Mythen, keine Märchen, keine Sagen und keine Legenden.

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