Die Kelten wurden wegen ihrer Tapferkeit, ihrer Ehrlichkeit und Gastfreundschaft gelobt. Ihnen wurde u.a.aber auch eine maßlose Grausamkeit nachgesagt, die - wie sich im Nachhinein herausstellte -, aber durchaus nicht den allgemeinen Schilderungen entrsprach.
Die Kelten konnten sicher sehr grausam sein und verschonten dann auch Frauen und Kinder nicht, aber im Gegensatz zu u.a. z.B. den Römern, Angeln und Sachsen, töteten sie offenbar nie aus kalter Berechnung oder aus einem profanen Lustgefühl heraus.
Im Zusammenhang mit der ihnen oft nachgesagten Grausamkeit – in die auch die Berichte, der bei verschiedenen Ritualen praktizierten Menschenopfer mit einfließen – kann auch der, von den Römern abgelehnte Menschenkopfkult gesehen werden, der im gesamten keltischen Raum -und nicht nur dort- eine besondere Rolle spielte.
Die keltischen Krieger pflegten ihre getöteten Feinde zu köpfen. Ihre Trophäe banden sie an den Satttelknauf oder in die Mähne ihres Pferdes und nahmen sie mit nach hause, um dort die besten und die ruhmreichsten Köpfe an ihr Haus zu befestigen. Die Köpfe von ganz großen Kriegern und berühmten Feinden wurden sogar einbalsamiert und in einer besonderen Truhe aufbewahrt. Bei festlichen Anlässen zeigte man sie den Gästen. Sie schmückten ihre Streitwagen damit oder häuteten sie, kochten sie aus und benutzten die blanken Schädel als Trinkgefäße. Sie wurden bei Ritualen als Opfergabe gereicht, an Festungstore genagelt oder an heiligen Orten als Weihgabe niedergelegt.
Dieser keltische Kopfkult ist an sich und zu jener Zeit eigentlich nichts Ungewöhnliches gewesen, zieht man die Rituale und Kulte anderer (Natur)Völker mit in Betracht. So war es in einigen frühen Kulturen üblich, nach einer Schlacht die Körper toter Feinde zu verstümmeln, um sie auf diese Weise besonders zu ehren. Die Tradition des Skalpierens ihrer Feinde bei verschiedenen indianischen Stämmen kann in einem ähnlichen Zusammenhang gesehen werden.
Ein ähnlicher Kopfkult wie jener der Kelten ist auch bei den Wikinger und Danen zu finden. In den tropischen Gegenden war die Köpfung der Feinde eine heilige Tradition, die bei verschiedenen Stämmen und Völkern noch gesteigert wurde, indem sie die Köpfe schrumpften und haltbar machten. Auch bei diesen Völkern galten die Köpfe als „Hausschmuck„ und als Kampftrophäe.
In den irischen Sagen und Märchen wird der Kopfkult fast schon banalisiert und das Kopfabschlagen zu einer für das Opfer meist ehrenvollen Konsequenz auf persönliches Versagen. Man stößt dauernd auf solche Aussagen wie die hier, als der Schmied Gavidin Gow dem Finn, der seine Kuh Glas Gavlen hüten soll, sagt:„ Wenn sie dir verloren geht, werde ich dir den Kopf abschlagen„.
Finn antwortet gelassen: „Ich bin einverstanden„.
In der Kultur der Kelten hatte der Kopfkult eine fest verankerte Bedeutung. Der Kopf symbolisierte alles wesentlich Menschliche, da sie hinter der Stirn das Bewußtsein vermuteten, die Kraft und die Mächtigkeit - den Geist, weshalb der Menschenkopfkult nicht unbedingt einen brutalen unmenschlichen, sondern eher einen geistig-sakralen Hintergrund haben kann. Gleichzeitig aber wird auch berichtet, daß u.a. bei den südlichen Festlandkelten die Köpfung der Feinde eine zusätzliche Strafe sei, eine martialische sogar, da man dem geköpften Feind (da er keinen Mund mehr hat) nicht den für den Fährmann nötigen Lohn unter die Zunge legen kann. Die bedingt, daß der Fährmann dem Toten die Überfahrt hinüber in die Anderswelt verweigert und der Tote somit zwischen den Welten auf ewig herumirren muß und nicht die Ehren eines gefallenen Kriegers genießen kann.
Aus der Geschichte des Gottes Bran geht hervor, welch imminente Bedeutung der Kopfkult für die Kelten darstellte. Nachdem Bran auf dem Nachhauseweg anschließend an den verlorenen Schlachtzug in Irland von einem Speer tödlich verletzt wurde, befahl er seinen wenigen verbliebenen Kameraden, ihm den Kopf abzuschlagen und mit nach hause nach Britannien zu nehmen. Er würde ihnen unterwegs Schutz gewähren. Auf diese Weise begleitete sein Wissen, seine Kraft und seine Magie seine Freunde und stellte den Ort (London), an dem der Kopf mit Blick nach Gallien niedergelegt werden sollte, unter besonderen Schutz vor Feinden und Unbill.
Ähnlich verhielt es sich auch, wenn es sich um den Kopf eines Feindes handelte. Mit der Trophäe brachten sie die Magie, die Weisheit und die Macht des Feindes in ihren Besitz und konnten dadurch drohendes Unheil abwenden.
Seit wann die Kelten diesen Kult pflegten, oder woher er genau kam, ist unbelegt. Die einen meinen, der Kult stamme aus einer früheren vorkeltischen Zeit und sei mit anderen Ritualen übernommen worden. In diesem Zusammenhang scheint der Einfluß der nomadischen Reitervölker der Skythen mir nicht so abwegig, wenn man davon ausgeht, daß die über ganz Europa gewanderen kriegerischen Reiternomadenvölker zahlreiche ihrer kultischen, sozialen und auch kriegerischen Traditionen zwangsläufig - wenn auch sicher nur teilweise - auf ansässige Kulturen übertrugen.
Von den Skythen heißt es: „Sie skalpierten ihre Feinde, köpften sie und tranken Blut aus ihren Schädeln„. Dieser Hinweis und die jahrtausende währenden Wanderungen dieser "skythischen Nomadengruppen" erlauben die Deutung, daß der Menschenkopfkult tasächlich mit den Skythen in den verschiedenen Regionen Europas und der Nordländer auftauchte, genau wie die Streitwagen und die dazugehörigen Zugpferde und die schon höher im Wuchs gezüchteten Reiterpferde.
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