Die Drachen

Drachen sind sehr alte mythologische Wesen und kommen weltweit in fast allen Mythologien vor. Die ältesten bisher bekannten Darstellungen stammen aus dem 4. Jahrtausend v.u.Z. und sind wie manche anderen Fabeltiere Mischwesen. In sehr vielen Darstellungen werden sie mit einem Schuppenleib dargestellt, oft mit Greifvogelklauen oder Löwenpratzen, der Schwanz mit Pfeilspitze ebenso die Zunge, ihre Flügel gleichen denen der Fledermaus. Man sagt manchen auch nach, daß sie Feuer spucken können.

In den alten Mythologien fällt die Unterscheidung zwischen Schlangenwesen und Drachen schwer - die Interpretationen überschneiden sich.
Trotzdem: Drache ist Drache und selbst kleine Kinder können sie von Dinosaurierdarstellungen unterscheiden. Manche Forscher meinen, daß Drachen mit verschiedenen fossilen Funden von Saurierarten in Zusammenhang gebracht wurden und die Menschen "von damals" beides verbanden. Hier ist Skepsis angesagt.
Drachen werden oft mit Stärke, außergewöhnlicher Kraft - die mitunter sehr zerstörerisch werden kann - in Verbindung gebracht. Diese Eigenschaften nutzten frühe Adelshäuser und setzten den Drachen als ihr Wappentier ein. Der Drache von Wales ist heute in unseren Breitengraden wohl der bekannteste Drachen auf einem Wappen.
Darstellungen von Drachen auf Schilden, als Standarten oder an Schiffen sollten Gegner in Angst und Schrecken versetzen und sie von der Stärke und Kraft der Kämpfer und Träger dieses Emblems überzeugen.
Der chinesische Drache wird als eine Mischung aus neun verschiedenen Wesen beschrieben. Er hat den Kopf eines Kamels, die Augen eines Teufels, die Ohren eines Ochsen, die Hörner eines Hirsches, den Hals einer Schlange, den Hinterleib einer Muschel, die Klauen eines Adlers, die Tatzen eines Tigers und den Körper eines Fisches.
Im Gegensatz zu den mythologischen Drachen in unseren Breiten sind Drachen in China Glücksbringer, die schon mal heftig werden können, aber im Großen und Ganzen für Wohlergehen und Reichtum stehen. Der Kaiser von China galt als Drachensohn.
Im Islam ist der Drache negativ besetzt und wird den höllischen Mächten zugeordnet. Auch das Christentum sieht den Drachen eher als ein Wesen, das man besiegen sollte, wovon zahlreiche Sagen und Legenden von sogenannten Drachentötern berichten. Doch Vorsicht ist geboten ! Schlägt man einem Drachen einen Kopf ab, wachsen im gleich drei neue nach. Mehrköpfige Drachen findet man ebenfalls in der Mythologie, wie z. B. bei der Sage von Ladon.

Erstaunlich ist es dennoch, daß der Drache noch bis weit ins 17. Jahrhundert n.u.Z. in den Bestiarien und Beschreibungen auftaucht, so als handele es sich um ein real existierendes Tier. In der Überlieferung ist man sich auch weitgehend einig darüber, was die Verwendung eines toten Drachens anbelangt. Bei ihm sind alle Teile brauchbar und wertvoll. In Drachenblut baden soll z.B. unverwundbar machen - siehe Siegfried in der Nibelungensage.
Man kann sagen, daß im Orient oder bei uns die Drachen eher ein Sinnbild des Chaos sind und die Urkräfte des Universums darstellen.
Lebensraum für Menschen entsteht dort, wo die Drachen besiegt werden können oder sich freiwillig und wohlwollend dem Menschen zuwenden, wie es in China der Fall ist. Leider ist es dort oft so, daß die Menschen die Gutgläubigkeit der Drachen ausnutzen und sie berauben oder gar töten.
Im westlichen Kulturkreis sagt man Drachen nach, daß sie immer hungrig sind und alles verschlingen, was ihnen zum Fraß vors Maul kommt. In manchen Sagen sind das bevorzugt Jungfrauen.
Drachen sind aufgrund ihrer Erscheinung und ihres Rufes hervorragende Wächter und bewachen nicht selten Schätze, die sich in der Erde und in Höhlen befinden.
Häufig werden Drachen auch den Elementen zugeordnet.
So zum Beispiel die, die im Element Wasser zu hause sind. Besonders in China findet sich kaum ein Gewässer, das nicht von einem Drachen bewohnt wird. Auch in unserem Kulturkreis zeugen zahlreiche Geschichten von Wasserdrachen. Oft werden sie als gräßliche Seeschlangen dargestellt, die ganze Schiffe verschlingen.
Erddrachen sollen bevorzugt in Höhlen in der Erde und in Felsen wohnen und man findet sie häufig in Gebirgsgegenden.
In China- aber auch bei uns - werden noch die Luftdrachen geführt. Die westlichen haben fledermausähnliche Flügel und werden wie eingangs beschrieben. Die chinesischen Drachen sind insgesamt filigraner und geschmeidiger und haben eher einen Schlangenkörper, mit dem sie in fließenden Bewegungen quasi in der Luft schwimmen können. In China werden Gegenden, in denen Luftdrachen fliegen, bei der Planung von hohen Bauten besonders berücksichtigt. Zwischen den Bauen wird ein breiter Zwischenraum gelassen, durch die sie ungestört fliegen können.
Feuerdrachen sind die Drachenwesen, die eindeutig das hitzigste Temperament haben. Sie spucken Feuer und ihr Atem ist in der Regel giftig. Man erahnt sie an den Dampfschwaden, die aus ihrem Wohnsitz qualmen. Sie teilen sich ihren Wohnraum mit den Erd- oder Wasserdrachen.
In der Heraldik und der Ornamentik findet man weltweit Drachendarstellungen, ebenso an Kathedralen (Notre-Dame in Paris) und alten Patrizierwohnhäusern. An solchen alten Bauwerken hat er die Funktion, böse Mächte abzuschrecken.
Inzwischen hat ihn die Neuzeit wiederentdeckt und er erfreut sich sowohl in der Fantasyliteratur, im Film als auch ihn Kinderbüchern steigender Beliebtheit - in den Kinderbüchern wird er aber meistens in einer sehr verharmlosten Variante dargestellt.
Auch sprachlich und in Redensarten findet man den Drachen wieder. So mag ein Hausdrache wohl aus der Vorstellung, eine wirksame Naturkraft als beschützendes Haustier zu halten, hervorgegangen sein. Im heutigen Sprachgebrauch stellt man sich da eher ein entsprechendes menschliches Wesen vor.
Einen Drachen steigen lassen, soll schönes Wetter bringen. Besonders im
Herbst ist das Drachensteigen - einen Drachen in den Lüften meisterlich zu bewegen - ein interessantes Hobby, das viele Menschen fasziniert.
Daneben erfreuen sich die alten Drachenorte als Ausflugsziele einiger Beliebtheit, wie z.B. der Drachenfels im Siebengebirge.

Mythologische Drachen

Ladon: Dieser Drachen mit den hundert Köpfen bewachte die goldenen Äpfel der Hesperiden. Herakles erschlug ihn.
Tiamat: Sie ist eine Chaosdrachin und gleichzeitig die Urmutter in den sumerischen und babylonischen Mythologien. Sie verkörpert das Prinzip des Salzwassers, während ihr Gemahl Apsu das Prinzip des Süßwassers vertritt. Sie wir von Marduk besiegt, der sie zweiteilt und zwischen beiden Hälften die existierende Welt schafft.
Fafnir: Er ist ein Sohn des nordischen Riesen Hreidmar und bewacht als Drache die Schätze, die er sich angeeignet hat. Sigurd besiegt ihn.
Leviathan: er ist ein biblisches Seeungeheuer und spielt in der Apokalypse eine bedeutende Rolle. Er trägt vor allem die Züge eines Krokodils, der Schlange und des Wales und verkörpert das chaotische Prinzips des Wassers und des Meeres.
Behemoth: Er ist wohl das auf dem Land lebende Gegenstück zu Leviathan und trägt Züge des Nilpferds, Wasserbüffels und Elefanten. Er gehört ebenfalls wie Leviathan zu den Erstlingswerken Gottes.
Oft wird er mit Satan gleichgesetzt.

Sinnbilder

Für mich verkörpern die Drachen die ursprünglichen Schöpfungsenergien des Kosmos. Sie sind die nicht zu bändigenden Kräfte des Chaos und des Neubeginns, die in allem enthalten sind und mit der Urenergie kommunizieren. Sie sind für uns Menschen unberechenbar und können ergo nicht dauerhaft kontrolliert werden. Diese Kräfte sorgen dafür, daß der "Gesamtorganismus" Kosmos am Laufen bleibt. Das heißt, sie schaffen nicht nur Chaos, sondern unterstützen auch die ordnenden Energien. Sie haben in diesem Zusammenhang auch oft die Funktion von Wächtern und es ist schwer, an die von ihnen bewachten Schätze heran zu kommen.
Auf der Erde sind es die Erdkräfte, die Lebensenergie unseres Planeten die als Drachen in ihrer spirituellen Gestalt wahrgenommen werden können. Die "Adern" der Erde oder auch die "Erdwurzeln" entsprechen
eher Schlangen.
Tritt man mit diesen Energien auf spirituellen Wege in Kontakt, zeigen sie in der geistigen Welt, die auch all die anderen visionär begabten Menschen inspiriert hat, in welcher Gestalt und wie sie wo zu finden sind.
Mich hat die unglaubliche Treffsicherheit all der vergangenen Kulturen was Bodenschätze und geomantische Gegebenheiten anbelangte, fasziniert. Ich habe mich da immer gefragt, wie ist das möglich, daß sie so präzise ertragreiche Fundorte von Erzen und Mineralien entdecken konnten. Da ich in Landschaften schon immer sehr intensiv die Energien spüren konnte, habe ich ausprobiert, wie diese sich auf der geistigen Ebene zeigen können. Ich war erstaunt, daß es oft eben diese alten Archetypen waren, die sich mir zeigten, wenn ich geistig die formgebenden Ebenen betreten habe. Die Drachen der alten Völker sind oft vergleichbar mit Regionen, die reich an Bodenschätzen sind und vom Menschen urbar gemacht werden. Dies geschieht besonders in unseren Landen oft durch erbitternden Kämpfen gegen die Natur, die ihre Schätze nicht so ohne weiteres hergeben will. Aus der Art und Weise der Geschichten um jene "Wächter", läßt sich bildhaft ableiten, wie das gemeint ist. Vielleicht hätten es manche Geologen und sonstige Forscher leichter, wenn sie auf ihrer Suche nach Bodenschätzen diesen alten Legenden folgen würden. Aber es ist heutzutage tatsächlich nicht einfach, die Bildersprache dieser Geschichten richtig zu deuten, geschweige denn, sie überhaupt anzuerkennen.


Gewässer, die noch sehr viel Lebensenergie in sich tragen, werden oft von Drachen bewohnt. Ebenso die Luft und die weiteren Sphären im Universum. Ich bin immer wieder erstaunt, daß es offenbar sehr viele Menschen gibt, die diese Energien nicht wahrnehmen können. Aber das erklärt ein Stück weit den verantwortungslosen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. "Tötet" man einen Drachen, will das heißen, daß man die Ursprünglichkeit transformiert und daraus eine Lebensgrundlage schafft. Die Redlichkeit gebietet, daß man gleichviel wieder zurückgibt. Es kann sonst leicht passieren, daß die Urgewalten einen eigenen Lösungsweg suchen.
Das kommt oft genug auch ohne menschliche Einwirkung vor und ist zur Zeit der Saurier auch schon so gewesen. Heute wird kaum noch beachtet, daß wir Geschöpfe sind, die die Erde hervorgebracht hat und wir in jeder unserer Zellen sozusagen das Gedächtnis der Erde tragen und damit auch das Potential der Erneuerung gespeichert haben, sprich: damit neu zu (er)schaffen. Leben wir im Einklang mit den irdischen Mächten und Kräften, empfinden wir unser Dasein als sinnvoll und können gut hier leben. Ein Schlaraffenland wird es trotzdem nie sein.
In früheren Gesellschaften waren Menschen, die genügend spirituelle Fähigkeiten hatten, hoch angesehen, denn sie konnten den Wohlstand ihrer Gemeinschaft verbessern. Ich denke mal, daß sie so etwas wie Schamanen waren. Auch zeugen die vielen Wanderungen ganzer Stämme davon, daß, sobald die Ressourcen verschiedener Gebiete ausgeschöpft waren, diese verlassen wurden und neue Plätze für Weiden und Urbarmachung gesucht wurden. Das ging, wie wir wissen, nicht immer reibungslos von statten.
In China, wo man offenbar anders mit diesen Energien umging, waren Drachenenergien wohl eher glücks- als unheilbringend. Der Kaiser als menschlicher Drachensohn war in beider Funktion für das Wohlergehen des Landes und seiner Bewohner verantwortlich. Als man begann, diese Denkweise zu vernachlässigen und das Gleichgewicht der Natur aus dem Lot kam, war auch des Kaisers Macht zu Ende. China war plötzlich nicht mehr ein Reich der Mitte, denn es hatte diese verloren.
Betrachten wir jetzt Gegenden, die zur Zeit der Saurier existierten und durch ihr Leben und Wirken gestaltet wurden, ist es nur logisch, daß der "Spirit" dieser Gegend sich dem geistigen Auge in einer Drachenform zeigt.
Mich würde sehr interessieren, was spätere Schamanen zu sehen kriegen, wenn sie unsere Müllberge spirituell bereisen.
von ela Olyn

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