Es wird berichtet, dass die frühen Iren, wir reden hier von den halbmythologischen Invasionsvölkern, schon Handel trieben und dass sie mit anderen Völkern, den Dänen, Galliern und solchen aus dem Mittelmeerraum einen mehr oder weniger regen Warenaustausch pflegten. Das gleiche kann man ohne weiteres auch von den frühen Walisern und Kornern behaupten. Einmal vom Seeweg abgesehen, muss man sich fragen, wie so ein Handel vonstatten ging. Überlandfahrten mit von Tieren gezogenen Wagen schweben uns vor, die Monate dauerten, gar Jahre und wegen der Frequenz der Lieferungen unter Umständen mehrmals jährlich unternommen wurden. Man kann davon ausgehen, dass die keltischen Händler möglicherweise schon größere Fuhrparks hatten und auf ihren Handelswegen sicherlich auch Stationen, wo sie die Zugtiere austauschen und dieses oder jenes Handelsobjekt schon ambulant an den Mann bringen konnten. Mit ähnlichen Vehikeln, wie sie uns z.B. aus Funden der Hallstattzeit als Grabbeigaben bekannt sind - wenn auch sicher nicht so prunkvoll ausgestattet - konnten die Kelten und auch die Germanen nicht ohne entsprechende Wege und Straßen einfach „über Stock und Stein“ fahren. Die Beteuerungen, diese in Gräbern gefundenen Vehikel hätten lediglich kultischen Wert dargestellt, wären aber als Fahrzeuge nie benutzt worden, beziehen sich dann wohl ausschließlich auf die Fundgegenstände. Diese Behauptungen erscheinen aber sehr hahnebüchern, wenn damit gemeint ist, daß die Kelten lediglich Wagen als Grabbeigaben herstellten. Wie sonst transportierten schon die frühen, so genannten Protokelten ihre Waren ins Ausland, wo sie doch laut zahlreichen schriftlichen Zeugnissen u.a. der Iberer, Etrusker und Griechen als Handelspartner sehr geschätzt waren.
Sollte die Logik in Irland eine andere gewesen sein als im Rest der Welt: baute man etwa dort zuerst die Strassen und erfand dann die Vehikel um darauf zu fahren ? Oder mit einem sarkastischen Augenzwinkern H-J. Zillmer: „Die Kelten verwahrten behutsam ihre Wagen, bis ihnen die Römer im Zuge der Eroberung die notwendigen Strassen bauten. Wer während der Wartezeit starb, bekam seinen Wagen eben mit ins Grab“. Da Rom frühestens zur Hallstattzeit gegründet wurde, dürften die Archäologen noch zahlreiche Stätten finden, in denen vergeblich auf Straßen wartende Kelten mit ihren Wagen begraben liegen.
Betrachtet man den Straßenbau in Irland, so darf man sich fragen, wer diese mehr oder weniger schnurgeraden Straßen anlegte. Wenn nicht die Römer - denen diese Kunstfertigkeit in allen Schul- und Geschichtsbüchern nachgesagt wird und die laut Geschichtsschreiber im Straßenbau sozusagen das Monopol innehatten - wer dann ? Mit Sicherheit die Landesbewohner selbst, bzw. die Unfreien oder die Sklaven. Wir reden hier wohlgemerkt von einer Zeit, in der in dem damaligen Italien noch die Etrusker, Kelten und Griechen lebten und die Römer allenfalls von appolonischen Sehern vorausgesagt wurden. Inwiefern kann man ergo den allgemein und ziemlich undifferenziert gebrauchten Begriff „Römerstrassen“ überhaupt wortwörtlich akzeptieren ?
Hans-Joachim Zillmer: „Gab es Römerstrassen ? Sicher ist, es gibt antike Strassen, anscheinend in ganz Europa - allerdings auch in Irland - nur, Römer gab es in diesem urkeltischen Gebiet zu keiner Zeit !“
Was es mit Sicherheit schon vor den Römern in Irland gab und was in den späten 80ern des vorigen Jh. nachgewiesen wurde, waren jedoch schon richtige Straßen, geebnete Wege oder vielleicht sogar gepflasterte Bahnen, und dies schon eine beträchtliche Zeit bevor die Römer als solche überhaupt existierten, geschweige denn, damit begannen, Europa zu besetzen.Auf den Festland wurden Wegezüge entdeckt, die teilweise auf 2000 v.u.Z. datiert werden, also lange vor die römische Aera. Insgesamt 80.000 Kilometer Straße werden in die keltische und sogar vorkeltische Zeit datiert. Darüber rollten die vierrädrigen Wagen der Kelten, Gallier und Germanen und schon vorher ihre zweirädrigen von Hand oder Ponys gezogenen Karren sowie die Streitwagen der Krieger. Römerstrassen ?
Übersehen wird auch gerne die Tatsache, daß von zirka 150 vor bis etwa 200 n.u.Z. große Teile des keltichen Lebensraumes, die Inseln inbegriffen, durch eine anhaltende Trockenperiode stark versumpft waren, so daß sich das etwas höher gelegene Straßennetz als sehr nützlich erwies und ergo schon vor der Versumpfung vorhanden gewesen sein muss.
Nicht nur etruskische Schriften und Dokumente bezeugen, daß der in der Po-Ebene südlich von Mantua gelegene Binnenhafen Forcello im 5. Jh. v.u.Z. wahrscheinlich der bedeutendste internationale Umschlaghafen im Mittelmeerraum war. Hier kamen die Waren über die Adriahäfen der Griechen und die der anderen mediterranen Handelsnationen an und wurden über den Landweg ins Binnenland weiter befördert. Der Handel der Etrusker ging über die Alpen hinweg und vorbei am Comer See zu den Burgundern, den Galliern, den Briten und Iren, den Germanen sowie den Völkern aus den noch höher gelegenen Norden, wo es zu keiner Zeit Römer gegeben hat.
Die betuchten Fürsten der Kelten und Germanen waren dankbare Abnehmer etruskischer Kunst und liebäugelten mit der etruskischen Lebensart. Die Warenladungen gingen, wie schon bemerkt, über die Alpen und entlang der sehr alten, so genannten Bernsteinstrassen, über Wege, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Kelten, Germanen und Etruskern oder unter ihrer Regie angelegten worden waren. Erinnern wir noch einmal daran, dass die Daten der Hallstattfunde (6-8 Jh. v.u.Z.) genau in die Zeit fallen, als der Handel zwischen Süd und Nord (und umgekehrt) florierte.
Keineswegs alle Wege führ(t)en nach Rom. Zu den Zeiten, als die Römer in Europa den Ton angaben, führten die Straßen lediglich in die nächste Verwaltungsstadt, wobei man sich die hintersinnige Frage gestatten darf, ob alle diese Verwaltungsstädte Rom hießen ? Schließlich wurden u.a. Aachen und Trier noch als Roma secunda bezeichnet.
Das damalige europäische Straßennetz wurde zu dieser Zeit von Rom aus lediglich verwaltet, genau wie die legendären Legionen Roms, die insgesamt - Fußgänger und Reiter inbegriffen - Berichten nach, 14-15000 Mann stark gewesen sein sollen. Jenes römische Heer, - die in Italien aktive römische Bürgerarmee einmal ausgeklammert - war in Realität genau so wenig römisch wie die Römerstrassen. Dieses römische Heer bestand aus keltischen, germanischen, skythischen, sarmatischen und gotischen Söldnern und wurden nur in den seltensten Fällen tatsächlich von römischen, in der aber Regel meist von germanischen Befehlsgebern angeführt, die auch sonst auf der römischen Karriereleiter bis in hohe Ränge und Ämter aufstiegen. Seit Mitte des 3. Jh. n.u.Z. sollen sogar ausschließlich Germanen das römische Heer im Festland-Europa befehligt haben.
Das römischen Legionen bestanden also nicht aus „römischen“ Soldaten, sondern aus Söldnern oder Zwangsverpflichteten aller europäischen Volksgruppen, nebst einigen so genannten Spezialeinheiten, für die vorzugsweise Skythen und Sarmaten verpflichtet wurden. Das Heer als solches wurde lediglich von Rom aus dirigiert, und selbst dies nur bedingt, da die römischen Befehlshaber und Feldherren in Europa nicht selten, sei es aus Willkür, Beute- oder Ruhmsucht oder etwaigen politischen Unstimmigkeiten mit Rom, auf eigene Initiative vorgingen, sozusagen ihren eigenen Krieg führten. Das römische Reich war zu keinem Moment ein ideologisch einheitliches Imperium, sondern vielmehr ein Puzzle, das man vergessen hatte ordentlich zusammen zu kleben.
Sie marschierten alle auf schon vorhandenen Strassen und Wegen, die schon lange vor den Eroberungszügen der Römer erbaut worden waren, denn keine Straßenbauer arbeiten so schnell, wie eine Truppe marschiert. Hätte es noch keine Strassen gegeben und die Römer hätten sie selber bauen müssen, wären die Legionen allenfalls einige Jahrzehnte, wenn nicht sogar ein Jahrhunderte später so weit in Europa vorgedrungen. Also Kelten- statt Römerstraßen ?
Könnte es sein, daß den humanistischen Historienschreibern des späten Mittelalters und der Tudorzeit ein Federstrich genügte, ein nichtiger Etikettenwechsel ausreichte, um des Glanzes der ewigen Stadt Rom wegen, neben anderen „Verbesserungen und Retuschen“ u.a. aus keltischen, germanischen, gallischen und etruskischen Straßen kurzerhand Römerstraßen zu machen ? So, wie sie die Weltgeschichte von Noah aufwärts bibelgerecht anpaßten, konstruierten sie vielleicht auch (auf wessen Geheiß ?) u.a. die Geschichte Roms, auf den zugegebenermaßen breiten Rücken der Kelten und Germanen, jenen „Barbaren“ aus dem Norden, die schon eine eiserne Pflugschar hatten, als die römischen Bauern noch den Holzpflock in den Boden rammten.
Ab dem 4. Jh. ging es mit Rom langsam aber kontinuierlich zu Ende. Waren die „barbarischen Kelten“ kurz vor der Zeitwende in Norditalien noch Herr und Meister gewesen, so läutete das Ende Roms, als andere Barbaren (West- und Ostgoten und Wandalen) im 5. und 6. Jh. n.u.Z. dort einfielen und den Glanz Roms wegwischten. In Geschichtslexika lesen wir, daß im Mittelalter in Rom zeitweise weniger als 1000 Menschen lebten und die ewige Stadt sogar streckenweise unbewohnt und kaum mehr als eine riesige Schutt- und Müllhalde war. Ist es denkbar, daß eine Stadt der Größe und Importenz Roms über mehr als 300 Jahre hinweg nicht zumindest versuchsweise wieder aufgebaut oder streckenweise besiedelt wurde ? Hier darf man an jenen Heribert Illig erinnern, der behauptete, das Papsttum hätte 300 Jahre Geschichte (zwischen 700 und 1000 n.u.Z.) sozusagen in literarischen Auftrag gegeben, anders ausgedrückt, erfunden !? Hatte man darüber etwa vergessen, Rom für diese Periode eine Geschichte zu verpassen und es deshalb notgedrungen „literarisch entvölkern“ müssen?
Das andere Rom - das päpstliche - residierte in Avignon sozusagen in der Verbannung und zog erst im auslaufenden 14. Jh. nach dem italienischen Rom, wo Papst Martin V. im 15. Jh. Ausgrabungen beauftragte, um das antike Rom ans Licht der Welt zu bringen und der Papstkirche eine würdige althistorische Kulisse zu bieten.
Dann begann die Geschichtsschreibung ihre Reportage, die - noblesse oblige - dem Papsttum auf geduldigem Papier ein Rom verschrieb, das sozusagen von heute auf morgen in neuem Glanz erstrahlte, wie „Phönix aus der Asche“ wieder zu altem Glanz emporwuchs.
Sollte das stimmen, dann war der Vater der britischen Geschichte Geoffrey of Monmouth als Geschichtserfinder im Vergleich dazu ein romantischer Waisenknabe.
Wie dem auch gewesen sein mag, in den Schulen lobt man immer noch die Römerstraßen über den Klee und die Aquadukte und die römischen Katakomben und Kanalisationen, von denen mittlerweile bekannt ist, daß sie (die Reinigungskanäle und die Katakomben Roms) von den Etruskern erbaut wurden.
Hallo
AntwortenLöschenkann mir jemand Quellen nennen,die zeigen, dass es in Irland schon befestigte "Römer"Straßen gab, bevor die Römer überhaupt da waren.