In der überlieferten Sage von dem keltischen Gott hinter den Wassern, in dem Land, das Pytheas und seine Zeitgenossen im 4. Jh. v.u.Z. Ultima Thule nannten, vermischen sich auf seltsame Weise griechische und keltische Mythen. Diese Verwicklung ist auf den Ueberlieferer Plutarch zurückzuführen, der - wie es seinerzeit nicht unüblich war – Götter fremder Völker gerne mit griechischen Gottheiten indentifizierte. Den Stoff hatte er wahrscheinlich aus Berichten von offiziellen kaiserlichen Vertretern in Britannien und aus möglicherweise eigenen Reisen und Recherchen vor Ort.
Die Sage gilt als die einzige echt überlieferte, allein es ist recht schwierig in ihren Inhalten zwischen Authentizität und Ausschmückung, bzw. Phantasie zu unterscheiden. Manche meinen, Plutarch hätte sie aus vagen Berichten schlicht selbst erfunden. In der Erzählung lässt Plutarch dann auch einen Mittler berichten, einen wahrscheinlich erfundenen Sillas.
Entsprechend einer damals klassichen Literatentradition, nämlich fremde Götter mit eigenen zu interpretieren oder zu ersetzen, wird aus dem höchstwahrscheinlich gemeinten Bran bei Plutarch der Chronos, der von Zeus auf eine entfernte Insel verbannt wird. Plutarch macht auch Anleihen bei Homer und läßt Chronos nach dem Homerschen Ogygia verbannen und macht Andeutungen, daß die Einwohner jener Inseln Nachkommen des Herakles seien, der während seiner zehnten Arbeit viel weiter nach Nordwesten vorgedrungen sei, als ursprünglich angenommen wurde. Hier darf man einen Vergleich mit den Hyperboräern/Skythen ziehen, die laut den Hellenen direkt von Herakles abstammen und deren Stammland im Altai sich - was den Breitengrad anbelangt - einigermaßen auf derselben Höhe befinden könnte, wie jene Inseln mit dem verbannten Chronos, ergo auch (wie schon gehabt) « hinter den eisigen, den boräischen Winden ». Andere Vergleiche erinnern an Plato, der sein Atlantis auch dort ansiedelte, wo die Wasser wieder auf Land stießen, also « jenseits » des Meeres.
Die Plutarchsche Fassung der alten keltischen Sage lässt jedoch die Annahme zu, daß die geographischen Daten nicht von den Griechen sein können, da sie bis dato noch nicht bis dorthin vorgedrungen waren und die nautischen Angaben allenfalls von den Kelten haben konnten. Bei den genannten Land dürfte es sich nämlich um Südgrönland handeln, wohin die Kelten wie auch andere Nordvölker mit anzunehmender Wahrscheinlichkeit schon mit ihren Schiffen gereist waren.
Der Inhalt der keltischen Sage umreißt eine schöne Geschichte, die für einmal nicht von Gewalt und Kopfabschlagen, sondern von fernen Welten und einem einsamen Gott berichtet.
In einer Bucht, weit hinter den Wassern und den auf ihnen schwimmenden Eisbrocken befanden sich drei Inseln. Sie waren schön, mit sattem Grün bewachsen und es herrschte ein angenehmes Klima. Dort in einer riesigen Höhle lebte ein einst sehr mächtiger keltischer Gott, der von seinem jüngeren Nachfolger wohl abgesetzt worden war, aber mit dem nötigen Respekt und in allen Würden. So wie es der Nachfolger beschlossen hatte, lag der alte Gott schlafend auf dieser Insel auf einem großen goldenen Stein. Um ihn herum lebten und tummelten sich Elfen und Feen, die zu Zeiten seiner Herrschaft seine Freunde und Lebensbegleiter gewesen waren. Sie unterhielten ihn und da sie den Schlafenden kannten, deuteten sie seine Träume.
Entsprechend einigen Ueberlieferungen wurden alle dreißig Jahre, wenn der Planet Saturn im Stier stand, zu diesem Gott Pilgerfahrten unternommen. In jenen Sphären alten Gottestums sollen die Pilger sich damals esoterische Weisheit und Erleuchtung geholt haben.
Fast in einem Atemzug mit dieser Sage wird die irische Geschichte The voyage of Bran genannt; eine alte irische Geschichte, die von den Reisen des Bran auf die Inseln von Annwfn berichtet, auf denen er mit seinen Reisegenossen mehrere Jahrhunderte gelebt haben soll. Auf seiner letzten Reise soll sich der vermenschlichte Bran dann definitiv auf einer Insel jenseits des Wassers niedergelassen haben. Diese Geschichte wurde um 700 schriftlich von Mönchen aus dem Kloster in Bangor festgehalten. Ob Bran nun wirklich mit jenem Gott gemeint ist, steht nirgends geschrieben und ist nicht sonst wie überliefert. Es wird aber gerne angenommen.
Brans Reise
Bran, der Sohn des Febal, als vermenschlichter keltischer Gott und großer Aehnlichkeit mit Bran dem Gesegneten, ging eines Tages, lange vor der Geburt des christlichen Erlösers an einem Strand ganz im Westen Irlands spazieren. Ganz unerwartet erblickte er plötzlich einen blühenden Apfelbaum (Synomym für die Anderswelt). Er brach einen Zweig ab und nahm ihn mit nach hause. Dort erschien ihm eine Fee, ganz in weiß gekleidet und berichtete ihm in lieblichen und verlockenden Gesängen von einer Welt jenseits der Wasser. Dort gäbe es weder Tod noch Leid, sondern ewiges Leben und immerwährende Freude. Diese Welt wäre noch jedem unbekannt und warte darauf von einem mutigen und draufgängerischen Mann entdeckt zu werden. Kurz bevor sie entschwand, schwebte der vom Apfelbaum stammende Zweig in ihre Hand.
Bran war angestachelt und die Idee dorthin zu gelangen ließ ihn nicht mehr los. Er sammelte siebenundzwanzig beherzte und abenteuerlustige Männer um sich, ließ drei Boote zu Wasser und war fest gewillt, dieses herrliche Land zu erreichen. Nach zwei Tagen und zwei Nächten auf See trafen sie Maanannan, der in seinem Streitwagen über die Wasser auf sie zustürmte. Er ermutigte sie weiterzureisen und sie würden ohne Fehl auf wundersame Inseln stoßen. Eine von ihnen sei sein eigener beliebtester Ort, wo er gerne verweile: Emain Ablach.
Unterwegs, auf der ersten Insel (Insel der Freude) ging einer der Männer an Land und wurde sofort von der dort herrschenden Freude angesteckt. Er wollte nicht weiter mitziehen. Die anderen reisten jedoch weiter und gelangten schließlich zu dem Land der Frauen, wo sie am Strand die Königin selbst erwartete. Sie führte die Reisenden in einen Palast, in dem für jeden ein Bett und eine Gespielin bereitstanden. Bran und seine Leute lebten dort ein Jahr lang in Saus und Braus. Weder Frauen noch Getränke und Essen gingen ihnen aus.. Als dann einer seiner Männer von Heimweh geplagt wurde, beschloß Bran wieder nach hause zu fahren.
Bei der Abreise riet ihm die Königin noch, den vorher zurückgebliebenen Mitreisenden von der Insel der Freude abzuholen. Sie prophezeite ihm auch, daß er seine Abreise noch bereuen würde. Er solle sich nämlich tunlichst hüten, seinen Fuß jemals wieder auf Erins Boden zu setzen. Trotzdem ließ sich Bran nicht von seiner Entscheidung abbringen und sie traten die Rückreise an. Unterwegs versäumten sie es nicht ihren Kumpan wieder an Bord zu nehmen.
Als sie schließlich die Küste Irlands erreichten, waren dort hunderte von Menschen versammelt, die sie neugierig betrachteten. Bran rief ihnen vom Schiff aus zu wer er war, aber viele lachten, denn sie kannten ihn bloß noch aus einer uralten Sage. Bran war bestürzt und verwirrt. Was er nicht wußte, war, daß seit der Abreise aus Irland mehrere Jahrhunderte vergangen waren, eine Zeit, die ihm und seinen Männern lediglich wie ein Jahr vorgekommen war. Bran war sprachlos und sah noch gerade wie sein heimwehkranker Reisegenosse den Fuß auf den Boden setzte um an Land zu gehen. Er verfiel augenblicklich zu Asche. Bran gedachte der Warnung der Königin und blieb wohlweislich an Bord. Von dort aus berichtete er den Menschen am Strand von seinen Reisen und stach alsbald wieder in See, dazu verdammt, nie wieder Irlands Boden betreten zu können.
Ueber sein weiteres Leben gibt es keine Ueberlieferungen mehr, weshalb gerne vermutet wird, daß er am Ende seiner vielen Reisen allein war und sich auf jene Insel hinter den Wassern zur Ruhe begab.
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